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Recht auf Ruhe

Im gemeinschaftlichen Zusammenleben ist Lärmbeeinträchtigung vorprogrammiert, eine Klärung vor Gericht auch.

Wir haben einige Alltagssituationen und gerichtliche Entscheidungen für Sie zusammengetragen, die Ihnen einen ersten Einblick ermöglichen. Bei Problemen helfen wir Ihnen gerne fachkundig und zielorientiert weiter.

Laut Gesetz sind lärmende Tätigkeiten werktags (Mo. bis Sa.) während der Nachtruhe zwischen 22 und 6 Uhr verboten, an Sonn- und Feiertagen auch ganztägig. Landesgesetzliche Abweichungen sind möglich. Laut Bayerischer Biergartenverordnung gilt werktags eine Nachtruhe zwischen 23 und 7 Uhr. Eine gesetzlich festgelegte Mittagsruhe hingegen gibt es nicht. Jedoch kann kommunal oder privatrechtlich eine Ruhezeit zwischen 12 bzw. 13 und 15 Uhr angeordnet sein. In Mietshäusern, Wohngemeinschaften, etc. können Hausordnungen engere Regelungen vorsehen. Mit seiner Unterschrift im Mietvertrag stimmt jeder Mieter dieser Regelung zu und muss bei Zuwiderhandeln mit Abmahnung oder Kündigung rechnen.

Störungen nachts im Haus: Was ist erlaubt, was nicht?

Grundsätzlich gilt die Hausordnung des Vermieters/der Hausgemeinschaft. Manche Geräusche während der Nachtruhe müssen Hausbewohner dulden:

Rollläden runterlassen

Die Betätigung von Rollläden oder Jalousien gehört zum normalen Gebrauch einer Wohnung. Bewohnern dürfe nicht vorgeschrieben werden, wann sie ihre Räume verdunkeln. Es liege in der Natur der Sache, dass sie auch nachts benutzt werden dürfen, so das AG Düsseldorf (Az.: 55 C 7723/10)

Baden, Duschen, Wasserspülung, Wasserhahn

Zum normalen Gebrauch einer Wohnung gehört auch das Betätigen der Wasserspülung und des Wasserhahns. Auch Baden und Duschen ist nach 22 Uhr erlaubt. Ein Verbot in der Hausordnung ist nach überwiegender Rechtsprechung unzulässig. Allerdings beschränkt das OLG Düsseldorf (Az.: 5 Ss [OWi] 411/90-[OWi] 181/90 I) die Bade- und Duschzeit auf 30 Minuten, weil Nachbarn das nächtelange Wasserprasseln störte.

Kinderlärm

Der mit kindgemäßem Verhalten verbundene Lärm ist grundsätzlich zu jeder Tages- und Nachtzeit hinzunehmen. Das gilt insbesondere für Lachen, Weinen und Schreien von Kleinkindern/Babys. Das natürliche Verhalten lasse sich nicht verhindern, urteilte das OLG Düsseldorf (Az.: 9 U 218/96). Allerdings gibt es auch Einschränkungen: Nach Meinung des LG Köln (AZ.: 6 S 403/07), LG Berlin (Az.: 67 S 485/09) und AG Celle (Az.: 11 C 1768/01 (5)) müssen sich Eltern an die allgemeinen Ruhezeiten halten und ihre Kinder für diese Phasen auf Geräusche in Zimmerlautstärke ermahnen.

Laute Sexgeräusche

Auch wenn laute Liebes- und Sexgeräusche durch das Persönlichkeitsrecht geschützt sind, müssen sie von Nachbarn nicht hingenommen werden. Nachts gilt: Zimmerlautstärke ist erlaubt, mehr nicht. Nicht die Lärmquelle, sondern die Dauer und Intensität der Geräusche sei entscheidend. Das AG Warendorf (Az.: 5 C 414/97) entschied, dass jegliche Geräuschentwicklung auf Zimmerlautstärke zu halten sei. Das Recht auf freie Entfaltung finde seine Einschränkung an den Rechten anderer. Daran ändere auch die geltend gemachte schlechte Schallisolierung des Hauses nichts. 

Trittgeräusche

Gegen normale Trittgeräusche ist nichts einzuwenden. Was anderes gilt für Damenschuhe mit hohen Absätzen, sogenannte High Heels. Sie sind für gesellschaftliche Auftritte gedacht. Insbesondere auf harten Böden (Fliesen, Parkett, Laminat) gelten sie als unzumutbare Lärmbelästigung. Deshalb untersagte das LG Hamburg (Az.: 316 S 14/09) einer Mieterin, diese Schuhe in der Wohnung zu tragen. Nicht hinnehmen müssen Nachbarn den Trittschall, wenn ein Mieter den schallisolierenden Teppich entfernt und gegen einen lärmverursachenden Belag austauscht. Der BGH (Az.: V ZR 195/11) gab dem Kläger auf Unterlassung und Beseitigung der Beeinträchtigung Recht. 

Musik hören, Musizieren, Fernsehen, Party

Der Mieter darf in seiner Wohnung musizieren (ca. 2 Stunden täglich sind erlaubt), Musik hören, Fernsehen, etc., sofern er andere Mitbewohner nicht stört. Während der in der Hausordnung festgelegten Ruhezeiten und der gesetzlichen Nachtruhe gilt Zimmerlautstärke. Werden Nachbarn durch die Geräusche gestört, ist die Grenze des Zumutbaren überschritten.

Staubsaugen, Wäschewaschen

Während der Mittags- und Nachtruhe sind Staubsaugen und Wäschewaschen mit Rücksicht auf die Nachbarn verboten.

Bohrmaschine, Laubsäge, etc.

Der Einsatz von Bohrmaschinen und der damit verbundene Lärm muss von Bewohnern außerhalb der Ruhezeiten geduldet werden. Innerhalb der gesetzlichen Ruhezeiten und denen der Hausordnung ist ihr Betrieb verboten. Das OLG Karlsruhe (Az.: 14 Wx 9/10) gab dem Beschluss eines Amtsrichters Recht, der eine Wohnung durchsuchen und die Lärmquelle, eine die ganze Nacht über laufende Laubsäge, beschlagnahmen ließ.

Absichtlich erzeugter Radau

Eine Hausgemeinschaft muss den absichtlich erzeugten Lärm eines Mieters oder Hausbewohners nicht hinnehmen. Das OLG Düsseldorf (Az.: I-3 Wx 240/07) verurteilte den Lärmverursacher, das Tyrannisieren in Form von lautem Türen schlagen und auf den Boden stampfen zu unterlassen. Der Verursacher muss nicht nur mit einer Abmahnung und Kündigung rechnen. Entsteht dem Vermieter ein finanzieller Schaden wegen Mietminderungen, muss der Verursacher diese ersetzen, AG Bremen (Az.: 17 C 105/10). Keine Lösung ist das Erzeugen von Gegenlärm, AG Hamburg (Az.: 37 C 1789/95).

Störungen tagsüber: Was ist erlaubt, was nicht?

Auch tagsüber gibt es Grenzen gegen Lärm, wenn auch weitere als nachts.

Handwerksarbeiten, Bohren, Hämmern

Grundsätzlich ist Handwerkslärm im Haus außerhalb der Ruhezeiten zu dulden. Zu beachten ist jedoch der „bestimmungsgemäße Gebrauch der Mietsache“ gemäß § 117 des Ordnungswidrigkeitengesetzes (OwiG). Ist der Lärm unzulässig oder vermeidbar, kann mit einem Bußgeld bis zu 5.000 Euro bestraft werden.

Baulärm, Rasenmäher und andere elektrische Helfer

In Wohngebieten ist § 7 der Geräte- und Maschinenlärmschutzordnung zu beachten. Geräte und Maschinen dürfen im Freien an Sonn- und Feiertagen sowie zwischen 20 und 7 Uhr nicht betrieben werden. Dazu zählen Rasenmäher, Heckenscheren und Vertikutierer. Der Betrieb von Freischneidern, Grastrimmern, Laubbläsern und -sammlern, sofern sie nicht das gemeinschaftliche Umweltzeichen der Verordnung Nr. 1980/2000 haben, ist in der Zeit von 7 bis 9 Uhr, 13 bis 15 Uhr und 17 bis 20 Uhr verboten. Auch Maschinen auf Baustellen, wie Betonmischer, Presslufthämmer, etc. dürfen zwischen 20 und 7 Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen nicht betrieben werden. Allerdings können landesrechtliche Ausnahmeregelungen greifen.

Geburtstagsparty, Grillabend

Wenn andere feiern und Spaß haben, führt das häufig zu Ärger bei den Nachbarn. Dabei muss der sich bis 22 Uhr gedulden. Ab 22 Uhr gelten laute Musik und Stimmen als Ruhestörung und sind einzustellen. Andernfalls drohen Abmahnung, Bußgeld und sogar Kündigung. Im Extremfall darf die Polizei sogar die Musikanlage beschlagnahmen.

Lärm von Tieren

Das Gequake von Fröschen kann leicht zur Lärmbelästigung werden. Dennoch ist es schwer und Einzelfall abhängig, dagegen vorzugehen. Der BGH (Az.: V ZR 82/91) und das BVerwG (Az.: 6 B 133/98) machten in ihren Urteilen deutlich, dass Froschlärm in Naturteichen ortsüblich und hinzunehmen ist. Die Frösche unterliegen dem Arten- und Naturschutz. Dieser Schutz gilt auch für Frösche in künstlich angelegten Gartenteichen. Das Fangen oder Nachstellen ist grundsätzlich verboten. In besonderen Fällen kann in reinen Wohngebieten jedoch eine Ausnahme erteilt werden. Eine Lösung hängt stets vom Einzelfall ab.

Der Hahnenschrei auch zu nächtlicher Zeit ist in ländlichen Gebieten als ortsüblich eingestuft und von Anwohnern hinzunehmen. In Wohngebieten hingegen entscheiden die Gerichte uneinheitlich und je nach Einzelfall. Oftmals werden Zeiten festgelegt, in denen der Hahn ins Freie entlassen werden darf (OLG Hamm, Az.: WM 90, 123) oder von 20 bis 8 Uhr schalldicht verwahrt werden muss.

Ständiges Hundegebell kann eine Lärmbelästigung sein. Ein dauerhaftes Bellen über eine halbe Stunde täglich ist der Nachbarschaft nicht zumutbar (OLG Hamm, Az.: 22 u 265/87), ebenso längere Bellphasen auch nach 22 Uhr (AG Bremen, Az.: 7 C 240/2005). Kurzes Bellen hingegen liegt außerhalb des Einflussbereichs des Hundehalters und muss von Nachbarn hingenommen werden.