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Pflanzen

Des einen Freud, des anderen Leid

Einen sehr komplexen Bereich des Nachbarrechts nehmen die Pflanzen ein. Bäume und Sträucher sind ein wichtiger Teil unseres Lebensraums. Sie sorgen für saubere Luft und ein ausgewogenes Klima, wandeln giftiges CO2 zu lebenswichtigem Sauerstoff um. Sie prägen die Landschaft und sind Rückzugsgebiet und Lebensraum vieler Pflanzen und Tiere. Als Nutz- und Zierpflanzen sorgen sie dafür, dass es uns Menschen gut geht. Doch gerade in der urbanen Umgebung, in der Mensch und Natur immer enger zusammenrücken, können Pflanzen zum Streitfall werden.

Die Wurzel vielen Übels

Pflanzen wachsen, dehnen sich über- und unterirdisch aus und sorgen damit für reichlich Ärger am Gartenzaun. Sei es, dass die Wurzeln Nachbars Zierbeete zuwuchern, Terrassen- oder Wegeplatten hochdrücken, sei es, dass herabfallendes Obst Rasen und Beete verschandelt, sei es, dass das Laub zusätzliche Arbeit und Kosten verursacht. Ganz zu schweigen vom Schatten, den Hecken und Bäume beim Nachbarn werfen und Beete und Fenster verdunkeln können. Um Ärger zu vermeiden, hat der Gesetzgeber Grenzabstände von Anpflanzungen festgelegt.

Hier ein paar Beispiele und ihre rechtliche Handhabung

Zunächst einmal: Grenzstreitigkeiten wegen zu naher oder grenzübergreifender Beeinträchtigungen durch Pflanzen sind Ländersache. Das heißt, jedes Bundesland hat seine eigenen Gesetze. Nur ein kleiner Teil wird durch das Bürgerliche Gesetzbuch erfasst. 

Das BGB regelt, wie mit Grenzbäumen und -sträuchern, die direkt auf der Grenze zweier Grundstücke gepflanzt sind, umzugehen ist. Die Früchte sowie das Holz gehören gemäß § 923 Absatz 1 BGB beiden Nachbarn zu gleichen Teilen. Steht der Baum oder Strauch neben der Grenze, greift hingegen das Nachbargesetz des jeweiligen Bundeslandes.

Überwuchs und Fallobst

Häufiger Streitpunkt ist der sogenannte Überwuchs. Wenn Wurzeln in oder die Äste eines Baumes auf das Nachbargrundstück vordringen und dieses mehr als nur unerheblich beeinträchtigen, kann der Betroffene nach § 1004 BGB die Beseitigung verlangen oder diese im Wege der sogenannten Selbsthilfe gemäß § 910 Absatz 1 BGB abschneiden und behalten. Allerdings muss er dem Nachbarn zuvor eine angemessene Frist zur Beseitigung eingeräumt haben. Aber Vorsicht: Bei geschützten Pflanzen steht der Beseitigung eines Überwuchses womöglich das Naturschutzausführungsgesetz des Landes bzw. regionale Orts- oder Baumschutzsatzungen entgegen. Ebenfalls vom Bürgerlichen Gesetzbuch erfasst sind die Früchte eines Baumes. Solange sie am Baum sind, gehören sie demjenigen, auf dessen Grund der Baum steht. Der Nachbar darf überhängendes Obst weder pflücken noch abschütteln. Fällt das Obst auf sein Grundstück, erlangt er das Eigentum an den Früchten, darf sie behalten, verzehren oder veräußern, § 911 BGB. Häufig befassen sich Gerichte auch damit, wer herabfallendes oder herüber wehendes Laub zu entsorgen oder die Kosten dafür zu tragen hat. Grundsätzlich ist der Laubbefall vom Nachbargrundstück hinzunehmen. Entscheidend ist der Einzelfall.

Gesetzliche Grenzen

Um Ärger bei Anpflanzungen zu vermeiden, unterscheidet der Gesetzgeber verschiedene Pflanzenkategorien und gibt Mindestabstände zur Grundstücksgrenze vor. So sind stark wachsende Bäume und Sträucher in größerer Entfernung anzupflanzen als schwach wachsende. Zier- und Beerenobststräucher dürfen außerdem in ihrer Höhe das Dreifache ihres Abstandes zum Nachbargrundstück nicht überschreiten. Längere oder näher zur Grenze wachsende Strauchtriebe sind zu entfernen. Welche Pflanze welcher Kategorie zuzuordnen ist, ist nicht allein aus botanischer Sicht geboten. Entscheidend sind auch Standort, Klima, Licht und Bodenbeschaffung. Unter Umständen muss das ein botanischer Sachverständiger klären. Besonderheiten gelten für Hecken, die als Einfriedung auf die Grundstückgrenze gesetzt worden sind. Dann handelt es sich um eine Einfriedung bzw. Grenzanlage. 

Näheres hierzu finden Sie in unserem Beitrag „Auch Grenzen haben Grenzen“.  

Fehlt noch zu sagen, dass Anpflanzungen, Äste und Wurzeln, die die gesetzlichen Vorgaben und die Grundstücksgrenze überschreiten, entfernt werden müssen. Vorausgesetzt, es greifen keine Sonderregelungen, wie etwa durch Verjährung des Anspruchs, durch Bestands-, Natur- und Umweltschutz.