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Entscheidung zu Hundegebell, Az.: 5 U 152-05

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Gegenstand der Verhandlung:
Verhinderung von Hundebellattacken wochentags sowie an Sonn- und Feiertagen in der Zeit von 22 bis 7 Uhr.

Urteil des OLG Brandenburg in 2. Instanz:
Der Beklagte wurde verurteilt, geeignete Maßnahmen vorzunehmen, die gewährleisten, dass von dem auf seinem Grundstück gehaltenen Schäferhund wochentags und an Sonn- und Feiertagen in der Zeit von 22 bis 7 Uhr keine wesentlichen lautstarken Lärmbelästigungen in Form von Bellattacken ausgehen, die das Eigentum der Klägerin an ihrem Grundstück, ihrem Besitz und ihrer Gesundheit beeinträchtigen. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wird dem Beklagten ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 5.000 Euro angedroht.

Sachverhalt:
Die Parteien waren benachbarte Grundstückseigentümer. Der Beklagte hielt auf seinem Grundstück einen Schäferhund, dessen Gebell Gegenstand des Rechtsstreits war. Das Landgericht Cottbus (Az.: 3 O 374/03) stellte in erster Instanz fest, dass der Hund zwar bellte, sobald sich jemand dem Grundstück des Beklagten näherte oder am Grundstück vorbeifuhr. Insbesondere wenn Post- und Paketdienste oder andere Personen das Grundstück oder die Garageneinfahrt betraten oder sich dem Hund hinter dem Zaun näherten, schlug dieser an. Das Landgericht Cottbus machte sich allerdings lediglich tagsüber (16 Uhr) selbst ein Bild der Situation vor Ort und kam zu dem Schluss, dass das Bellen des Schäferhundes aus Sicht eines verständigen Durchschnittsnutzers keine wesentliche Beeinträchtigung darstelle, weil viele Hintergrundgeräusche das Hundegebell in seiner intensiven Wahrnehmung verminderten. Außerdem sei die Hundehaltung in der unmittelbaren Nachbarschaft ortüblich.

Begründung:
Das Berufungsgericht gab der Klägerin hingegen in Teilen Recht, wonach das Hundegebell zumindest in der Zeit von 22 bis 7 Uhr an Werk-, Sonn- und Feiertagen eine wesentliche Lärmbelästigung darstelle. In den nächtlichen Ruhezeiten sei von einer wesentlichen Lärmbelästigung auszugehen, urteilte das OLG Brandenburg. In der allgemein geschützten Nachtruhe fehlen werktägliche Hintergrundgeräusche, wie sie normalerweise in einem Mischgebiet vorhanden sind, wie etwa der alltägliche Autoverkehr. Schon deshalb sei die Wirkung einer Lärmquelle erhöht. Zudem wirke sich derartiger auch kurzfristiger Lärm in der Zeit ohnehin besonders störend aus. Aus diesem Grund komme es auch nicht darauf an, ob das Hundegebell, wie die Klägerin messgutachtlich feststellen ließ, Geräuschimmissionsrichtwerte überschritten hätte.

Zitat OLG Brandenburg: „Auch Geräuschemissionen unterhalb eines bestimmten Lärmpegels werden danach, was ihre Erheblichkeit und Zumutbarkeit angeht, entscheidend von wertenden Elementen wie solchen der Herkömmlichkeit, der sozialen Adäquanz und einer allgemeinen Akzeptanz mitgeprägt (Bundesverwaltungsgericht DV Bl. 1976, 779; 1987, 907). Geräusche, welche die Aufmerksamkeit in besonderem Maße auf sich ziehen, wie vorliegend Hundegebell zu nächtlichen Ruhezeiten, sind eine störende Beeinträchtigung im Sinne des § 1004 BGB auch dann, wenn sie diejenige Phonstärke nicht überschreiten, bei der Verkehrs- und Industriegeräusche noch hinnehmbar sind; sie beeinträchtigen schon bei einer Lautstärke, mit der sie sich in das Bewusstsein desjenigen
drängen, der sie nicht hören will. Zu diesen Geräuschen, die nach ihrer Art den unfreiwillig
Hörenden in besonderem Maße beeinträchtigen, gehört – neben unerwünschter Musik – auch Hundegebell (OLG Hamm AgrarR 1989, 312, 313) insbesondere zu Ruhezeiten.“

Fazit:
In nächtlichen Ruhezeiten ist das störende Hundegebell mehr als nur eine unwesentliche Beeinträchtigung im Sinne des § 906 Abs. 1 BGB. Dabei spielt es keine Rolle, ob das Grundstück in einem Mischgebiet liegt. Denn auch hier sind die nächtlichen Ruhezeiten einzuhalten. Schließlich sei es dem Beklagten zuzumuten, den Hund in den nächtlichen Ruhezeiten – etwa durch Unterbringung im Haus – so zu halten, dass sein Gebell die Klägerin nicht stört.

Dies gelte aber nicht in gleicher Weise für Sonn- und Feiertage sowie während der Mittagsruhe. An Sonn- und Feiertagen erfolge keine Post- und Paketzustellung, auch der nahe Gewerbebetrieb arbeite nicht. Deshalb seien Störungen zu dieser Zeit nicht zu erwarten. Während der Mittagsruhe falle das Hundegebell aufgrund der vorhandenen Hintergrundgeräusche nicht sonderlich auf.